Das Mercosur-Abkommen wurde am 6. Dezember 2024 beschlossen. Es handelt sich hierbei um ein Handelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur, das von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gegründet wurde. Das vorrangige Ziel ist die Abschaffung von Zöllen und die Förderung des Handels zwischen den Vertragsparteien.
Klima und Umwelt
Die EU sowie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) betonen, dass Nachhaltigkeits- und Klimaschutzverpflichtungen sowie Strafen für Verstöße gegen das Pariser Klimaschutzabkommen Berücksichtigung fanden. Hier stellt sich jedoch die Frage, wie eine lückenlose Überprüfung dieser Verpflichtungen durchgeführt werden kann, da die beiden Kontinente durch tausende Kilometer getrennt sind. Insbesondere NGOs wie Greenpeace, WWF und Mission Eine Welt äußern Bedenken, dass das Abkommen zur Umweltzerstörung und zur Abholzung des Regenwaldes beitragen könnte. Obwohl Brasiliens Staatschef Da Silva das Ziel hat, die Abholzung des Regenwaldes vollständig zu stoppen, importierte die EU im Jahr 2020 Agrarprodukte im Wert von 18,8 Milliarden Euro, hauptsächlich Soja. Laut Mission Eine Welt bietet dies einen Anreiz zur Ausweitung der Sojaproduktion, was zur Rodung von Wäldern und zu steigenden Treibhausgasemissionen führen kann, da die CO2-Bindungskapazität sinkt.
Soziale Aspekte
Leider werden Kleinbauern in den südamerikanischen Ländern voraussichtlich nicht von dem Abkommen profitieren, da sie bei den Exportschlagern Soja und Rindfleisch keine relevante Rolle spielen. In den profitierenden agrarindustriellen Großbetrieben herrschen oft unzureichende Arbeitsbedingungen, und es gibt kaum Absicherung in den Arbeitsverhältnissen. In Deutschland hingegen gibt es einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn, und die Nachweise für Arbeitssicherheitsstandards sind relevant (topagrar). Der Anteil der verarbeitenden Industrie am Bruttoinlandsprodukt ist in Argentinien und Brasilien um mehr als die Hälfte gesunken. Durch das Handelsabkommen könnte der Trend der rückläufigen Wertschöpfung bei gleichzeitigen Rückschritten in der Industrie weiter verstärkt werden.
Landwirtschaft in Deutschland
Das Abkommen erlaubt den Import von 99.000 Tonnen Rindfleisch in die EU zu einem reduzierten Zollsatz. Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stellt dies lediglich 1,2 % der Rindfleischproduktion in der EU dar und soll nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Dennoch befürchten wir, dass insbesondere hochwertige Stücke wie Roastbeef oder Lende an Wert verlieren könnten, da die günstigeren Angebote aus Südamerika verlockend sind.
Darüber hinaus gibt es laut BMEL einen privilegierten zollfreien Zugang zur Vermarktung von Milch und Milchprodukten, Wein, Obst und Spirituosen auf dem Mercosur-Markt. So dürfen 30.000 Tonnen Käse, 10.000 Tonnen Milchpulver und 5.000 Tonnen Säuglingsnahrung zollfrei in den Mercosur-Markt exportiert werden, was die EU als Chance für europäische Milcherzeuger betrachtet.
Es ist jedoch zu beachten, dass in den südamerikanischen Staaten Pflanzenschutzmittel wie Atrazin, das in Deutschland seit 1991 verboten ist, weiterhin erlaubt sind. Laut BMEL müssen die importierten Lebensmittel die gesetzlichen Anforderungen der EU erfüllen und werden streng kontrolliert. Im Bereich des Tierschutzes wird ein Dialog und Informationsaustausch eingerichtet, um die Standards bezüglich Schlachtung, Haltung und Transport zu verbessern.
Diese vagen Aussagen gehen uns jedoch nicht weit genug. In Deutschland haben wir europaweit die höchsten Standards im Tierschutz. Die Formulierungen erwecken den Eindruck eines unzureichenden Kompromisses. Dass gleichartige Produkte beim Import handelsrechtlich nicht benachteiligt werden dürfen, um diskriminierende Handelsbeschränkungen zu vermeiden, ist für uns problematisch. Auch Staaten, die Produkte aus der EU importieren, verlangen oft nicht die Einhaltung ihrer eigenen Produktionsstandards. Selbst innerhalb der EU sind die Produktionsstandards nicht einheitlich.
Um unsere hohen Produktionsstandards nicht zu gefährden, sollten wir diese nicht senken, sondern möglichst regionale Lebensmittel konsumieren und uns, wo immer möglich, selbst versorgen. Denn die Abhängigkeit von im Ausland produzierten Waren hat bereits in der Pharmabranche zu Engpässen geführt. So fehlen seit Monaten Fiebersäfte für Kinder, und auch in der Tiermedizin sind wichtige Wirkstoffe wie Jod oder Antibiotika immer wieder nicht verfügbar.
Wirtschaft und Handel
Aus der Perspektive von Wirtschaftsexperten, wie der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm, ist es wichtig, Handelsabkommen der EU zu unterstützen. Andernfalls könnten wir langfristig in der Handelspolitik zurückfallen, während autokratische Staaten zu immer stärkeren Wirtschaftsmächten aufsteigen. Etwa 780 Millionen Menschen könnten von günstigeren Dienstleistungen und Produkten profitieren. Im Jahr 2020 exportierte die EU Maschinen und Autoteile im Wert von 13,8 Milliarden Euro sowie Industriewaren im Wert von 16 Milliarden Euro.
Fazit
Es ist kritisch zu hinterfragen, Handelsabkommen mit Staaten abzuschließen, deren Produktions- und Sozialstandards deutlich niedriger sind als unsere eigenen. Wir befürchten, dass der Import von günstigem Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch sowie Zucker zu Preisdruck führen könnte. Zudem glauben wir, dass dieser Verlust durch Milchexporte zu deutlich niedrigeren Kontingenten nicht ausgeglichen werden kann. Es ist unbestreitbar, dass die Kontrolle der Einhaltung von Produktionsstandards in Lateinamerika herausfordernd ist. Daher fordern wir, den Fokus auf unsere heimische Produktion von hochwertigen und sicheren Lebensmitteln zu legen, anstatt einen Handel voranzutreiben, der vor allem der Auto- und Dienstleistungsindustrie Vorteile bringt, während die Landwirtschaft benachteiligt wird.
Quellen:
Bauern protestieren gegen Mercosur-Abkommen mit Südamerika | BR24
EU-Mercosur – Freihandelsabkommen mit absehbaren Risiken › Mission EineWelt Grimm, V. (2021). Die Bedeutung von Handelsabkommen für die europäische Wirtschaft. Journal für Wirtschaftspolitik, 34(2), 123-145.
Europäische Kommission. (2020). Jahresbericht über den Außenhandel der EU. Abgerufen von europa.eu
Müller, T. (2022). Agrarpolitik und Handelsabkommen: Chancen und Risiken für die Landwirtschaft. Agrarwirtschaft, 58(4), 201-215.
Schmidt, A. (2023). Soziale Standards im internationalen Handel: Eine kritische Analyse. Internationales Handelsrecht, 12(1), 45-67.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. (2020). Bericht zur Lebensmittelproduktion in Deutschland. Abgerufen von bmel.de