„Alles, was ich in meinem Beruf brauche, habe ich bei der ELJ gelernt”, sagt Tobias, Ingenieur und ehemaliger ehrenamtlicher Mitarbeiter der Evangelischen Landjugend. Diese Aussage lenkt den Blick auf eine interessante Frage: Wie setzt ein Jugendverband Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in der Praxis um?
BNE als Bildungskonzept
Bildung für nachhaltige Entwicklung zielt darauf ab, Menschen zu befähigen, die Zukunft verantwortungsvoll zu gestalten. Das Konzept umfasst nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch die Entwicklung von Kompetenzen wie Systemdenken, Partizipation und kritisches Denken. Die UN-Nachhaltigkeitsziele bieten dabei einen Orientierungsrahmen.
Ein Beispiel für die praktische Umsetzung von BNE-Prinzipien bietet die Evangelische Landjugend.

Partizipation als Kernprinzip
Ein zentrales Element der BNE ist die aktive Beteiligung der Lernenden. Bei der ELJ entscheiden Jugendliche demokratisch über die Inhalte und organisieren eigenständig ihre Aktivitäten. Sie verwalten ihre Jugendräume als lokale Treffpunkte selbst. Dabei werden sie von hauptamtlichen Fachkräften beraten.
Diese Struktur ermöglicht es jungen Menschen, praktische Erfahrungen in demokratischen Prozessen zu sammeln. Sie entwickeln dabei Fähigkeiten z.B. im Projektmanagement, in Kommunikation oder Konfliktlösung – Kompetenzen, die über den Jugendverband hinaus von Bedeutung sind.

Themenbereiche und Projekte
Eine-Welt, Klimawandel, Erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit, Landwirtschaft, Ernährung werden immer wieder von den Jugendlichen selbst zu Themen verschiedener Aktionen und Projekte in den jeweiligen Gruppen, Kreisen bzw. Verbänden gemacht. „Bee ELJ“ -Bienen-Projekt, Streuobstwiesen-Projekt, Stellungnahme zum Freihandelsabkommen Mercosur, Spenden-Aktion „Brot statt Böller“, Altmaterialsammlungen, Päckchen für die „Weihnachtstrucker“ sind Beispiele dafür. Land als Lebensraum fördert dabei die ganzheitliche, lebenspraktische Sichtweise auf die ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimensionen von Nachhaltigkeit – insbesondere beim Thema Landwirtschaft.

Internationale Partnerschaft mit Brasilien
Seit 20 Jahren besteht eine Partnerschaft mit dem Centro de Apoio e Promoção da Agroecologia (CAPA) in Brasilien. Diese Organisation berät im Bundesstaat Paraná Kleinbauern, Indigene und Landlose bei der ökologischen Landwirtschaft.
Wechselseitige Besuche und Begegnungen zu den Themen Landwirtschaft, Ernährung und Nachhaltigkeit sind besondere und intensive Gelegenheiten für globales, solidarisches und interkulturelles Lernen.
Vernetzung und Kooperationen
Die ELJ ist in verschiedene Netzwerke eingebunden. Dazu gehören:
- Kirchliche Strukturen (Gemeinden, Dekanate, Landeskirche)
- Politische Vertreter (Gemeinderäte, Bürgermeister, Abgeordnete)
- Andere (Land-)Jugendverbände und Jugendringe
- Landwirtschaftliche Organisationen insbesondere der Bayrische Bauernverband
- Regelmäßige Treffen mit den Jugendorganisationen der Naturschutzverbände
Diese Vernetzung ermöglicht einen breiteren Austausch von Sichtweisen, Ideen und Impulsen und die Verbindung verschiedener gesellschaftlicher Perspektiven.

Bildungsansatz
Die Bildungsarbeit der ELJ folgt einem non-formalen Ansatz. Lernen findet außerhalb schulischer Strukturen statt, ist praxisorientiert und selbstinitiiert. Die Jugendlichen lernen durch gemeinsames Handeln in realen und in ihr Umfeld eingebundenen Projekten.
Dieser Ansatz entspricht BNE-Prinzipien wie dem handlungsorientierten Lernen und der Verbindung von lokalem und globalem Handeln. Die Jugendlichen entwickeln dabei sowohl fachliche als auch methodische und soziale Kompetenzen.
Lokale Akteure
Die Jugendarbeit der ELJ fördert einen starken Heimat-Bezug der Jugendlichen mit hoher Bleibe-Orientierung und Einsatzbereitschaft im bzw. für den Heimatort. Sie werden früh mit wichtigen Akteuren ihres Heimatortes vernetzt und in das Gemeinwesen integriert. Die Erfahrung zeigt, dass viele von Ihnen später selbst Entscheidungsträger im öffentlichen Leben werden und dabei von den Lernerfahrungen in der ELJ profitieren. So werden sie zu lokalen Akteuren der Nachhaltigkeit.

Bewertung und Einordnung
Die Struktur und Arbeitsweise der ELJ weist verschiedene Merkmale auf, die in der BNE-Literatur als förderlich beschrieben werden:
- Selbstbestimmtes und partizipatives Lernen
- Verbindung verschiedener Nachhaltigkeitsdimensionen
- Praxisorientierung und reale Handlungserfahrungen
- Interkultureller Austausch
- Vernetzung verschiedener gesellschaftlicher Akteure
Fazit
Die Evangelische Landjugend zeigt einen möglichen Weg auf, wie BNE in der außerschulischen Jugendbildung umgesetzt werden kann. Ihr Ansatz verbindet verschiedene BNE-Prinzipien miteinander und schafft Raum für praktische Erfahrungen.